Aus der Entengasse Vielsaitiges in die Welt – Jan + Florin + Guttenbergers
Die „Jazzpoint Records“ leben fort – und wie. Das Label wurde 1974 von dem Kontrabassisten Jan Jankeje und seiner inzwischen verstorbenen Frau Gerti gegründet. Der Witwer wollte seine Plattenfirma nach dem herben Schicksalsschlag eigentlich aufgeben, doch nun produziert er konsequent weiter.
Das jüngste akustische Erzeugnis ist wahrlich eine runde Sache. Mit dem Sologitarristen Mano Guttenberger brachte er bereits in kompakter Triobesetzung „Django’s Tiger“ heraus. Jetzt gibt es einen Silberling, der ausführlich mit „Guttenberger Gypsy Projekt – Jankeje & Special Guest Florin Niculescu – Live in Stuttgart“ betitelt ist. Beteiligt sind dabei nahe Familienangehörige von Mano, nämlich Dadi und Moreno Guttenberger, die als zuverlässige Akkord-Arbeiter rhythmisch-gitarristisch tätig sind. Als bestens integrierter Gast wirkt der aus Rumänien stammende und in Paris wohnende „Teufelsgeiger“ Florin Niculescu mit.
Der umtriebige Macher Jan Jankeje entdeckte einst das Wunderkind Bireli Lagrene, und diesem Sinto widmete Mano Guttenberger absolut unbegleitet und instrumental vielseitig das erste Stück der Platte. Virtuosität wird hier mal wieder zur Selbstverständlichkeit.
Drei der 13 Titel kommen von dem legendären Django Reinhardt, darunter auch „Nuages“ mit der symptomatischen abwärts geführten Chromatik. „Wolken“ heißt diese Erfolgskomposition auf Deutsch, und in seiner eleganten Solokadenz zeichnet Niculescu programm-musikalisch das Naturereignis am Himmel nach – in filigranen Flageoletts und mit dezent gelungenen Doppelgriffen. Paganini scheint auferstanden zu sein. Der berühmte „Hot Club de France“ wird dabei übrigens nicht epigonenhaft imitiert, sondern kreativ und zeitgemäß weiterentwickelt.
In seinen längst bewährten Eigenkompositionen „Der erste Tango“ und „Zum Trotz“, einem Blues, besticht Jankeje nicht nur Saiten zupfend oder schlagend erst recht mit aufregenden Improvisationen. Da streicht er mit dem Bogen glissandierende Klänge heraus und stößt kurzzeitig mikrotonal in avancierte Avantgarde vor.
Eine lebendige Kunst-Produktion, welche in Stuttgart vor jubelndem Publikum wirklich live mitgeschnitten wurde, nämlich Ende März 2025 im unterirdischen „Theater am Olgaeck“. Geradezu himmlische Töne sind da entstanden, nicht nur bei „Nuages“….
Jazzpoint Records, Entengasse 10, 74189 Weinsberg, www.jazzpoint.de
Hans Kumpf